Du denkst viel. Du analysierst, reflektierst, beobachtest – auch dich selbst. Doch wenn es um Gefühle geht, spürst du eine Lücke. Nicht, weil sie fehlen. Sondern weil du sie kaum benennen kannst. Noch seltener zeigst du sie.
Vielleicht geht es dir wie Nora – Wissenschaftlerin, reflektiert, wach. Sie liebt die Tiefe, das Denken. Doch in letzter Zeit spürt sie: Da ist etwas unter der Oberfläche. Etwas, das gesehen werden will. Sie sagt:
„Ich kann mich präzise ausdrücken – aber nicht, wenn es um das geht, was ich wirklich fühle.“
Und damit ist sie nicht allein.
Gefühle zu zeigen, fällt vielen schwer – besonders Menschen mit hohem intellektuellem Anspruch. Dabei sind Gefühle kein Gegensatz zu Verstand. Im Gegenteil: Sie sind der Schlüssel zu innerer Klarheit, Verbindung und beruflicher Erfüllung.
In diesem Artikel erfährst du, warum es oft schwerfällt, Gefühle zu zeigen – und wie du es lernen kannst.
Warum wir kaum Gefühle zeigen – ein wissenschaftlicher Blick
Gefühle sind eine biologische Grundausstattung des Menschen. Und doch tun wir uns oft schwer, sie zu zeigen. Gerade in akademischen, leistungsorientierten oder rational geprägten Umfeldern wie dem von Nora gilt: Denken ist erwünscht, Fühlen ist oft sekundär. Warum eigentlich?
Die Forschung zeigt: Es gibt mehrere Ursachen, warum Menschen Gefühle nur schwer ausdrücken – oder sie selbst kaum benennen können. Drei Konzepte helfen, das besser zu verstehen:
1. Alexithymie: Wenn Gefühle keine Sprache finden
Der Begriff Alexithymie bedeutet wörtlich „Gefühlsblindheit“. Er beschreibt keine Krankheit, sondern eine Persönlichkeitsausprägung, bei der Menschen Schwierigkeiten haben, Gefühle wahrzunehmen, zu differenzieren und sprachlich auszudrücken.
Die Toronto Alexithymia Scale (Bagby et al., 1994), ein etabliertes Selbstbericht-Instrument, zeigt:
👉 Zwischen 5 und 17 % der Bevölkerung weisen eine erhöhte Ausprägung alexithymischer Merkmale auf – je nach Studie und Population.
Hinweise deuten darauf hin, dass solche Tendenzen in kognitiv anspruchsvollen, stark rationalisierten Berufsfeldern wie Wissenschaft oder IT überdurchschnittlich häufig auftreten können. Ein klarer kausaler Zusammenhang ist jedoch nicht belegt.
Typische Anzeichen:
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Du weißt oft nicht, was du fühlst – nur, dass du dich unwohl fühlst.
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Du beschreibst körperliche Zustände („Ich bin angespannt“) statt Emotionen („Ich bin wütend“).
-
Um emotionale Entscheidungen zu treffen, brauchst du lange.
Die gute Nachricht: Alexithymie ist veränderbar. Durch gezieltes Training – und Coaching – lässt sich der Zugang zu eigenen Emotionen deutlich verbessern.
2. Emotionale Invalidierung: Wenn Fühlen gelernt werden muss
Viele Menschen haben nie gelernt, dass es sicher ist, Gefühle zu zeigen. In ihrer Kindheit wurden sie z. B. für emotionale Ausdrücke getadelt („Stell dich nicht so an“), übergangen oder ignoriert. Die Folge: Sie verinnerlichten, dass Gefühle unerwünscht, irrational oder gefährlich seien.
Die Psychologin Marsha Linehan prägte dafür den Begriff „emotionale Invalidierung“: Wenn emotionale Reaktionen immer wieder abgewertet oder ignoriert werden, ziehen sich Betroffene oft emotional zurück. Er stammt ursprünglich aus der Dialektisch-Behavioralen Therapie, wo es eine zentrale Rolle in der Entstehung emotionaler Dysregulation bei Borderline-Störungen spielt.
Im weiteren psychologischen Verständnis kann wiederholte Abwertung emotionaler Reaktionen – auch im Alltag – dazu führen, dass Menschen sich emotional zurückziehen und Gefühle als unzuverlässig oder unerwünscht erleben.
Diese Dynamik kann tief wirken – auch noch im Erwachsenenleben. Sie ist keine Seltenheit und kann verändert werden.
Beispiel Nora:
„Ich bin in einem sehr leistungsorientierten Haushalt groß geworden. Gefühle galten als Privatsache – oder als Schwäche.“
3. Soziokulturelle Normen: Wer darf wann wie viel fühlen?
Auch unsere Kultur beeinflusst, wie offen wir mit Gefühlen umgehen. In vielen westlichen Gesellschaften gelten Rationalität, Objektivität und Kontrolle als besonders wertvoll – vor allem im Berufsleben. Gefühle? Gelten schnell als „unprofessionell“, „zu persönlich“ oder „schlecht steuerbar“.
Arlie Hochschild (1983) beschreibt sogenannte „Gefühlsregeln“: kulturell geprägte Vorgaben, welche Emotionen in bestimmten Rollen als angemessen gelten. Wer diesen Regeln stets entsprechen will, kann sich innerlich entfremden.
Beobachtbare Tendenzen:
- Frauen wird oft zu viel, Männern zu wenig emotionaler Ausdruck zugeschrieben.
- In bestimmten Berufen (z. B. Wissenschaft, Beratung) sind Emotionen unterbewertet.
- Je höher der Anspruch an Kontrolle, desto stärker die Selbstzensur.
In ihrer Forschung zur Emotionsarbeit unterscheidet Hochschild dabei zwischen surface acting (Gefühle zeigen, die man nicht fühlt) und deep acting (Gefühle innerlich anpassen).
Gerade in beruflichen Kontexten kann diese „Emotionsarbeit“ zur inneren Entfremdung führen, wenn man sich dauerhaft nicht authentisch zeigen darf.
Gefühle zu zeigen ist keine Frage der Willenskraft – sondern der Erlaubnis, des Trainings und der inneren Sicherheit. Genau hier setzt Coaching an.
Strategie 1: Gefühle benennen – der erste Schritt zur Klarheit
Gefühle zu zeigen beginnt nicht beim Sprechen. Es beginnt beim Spüren. Und beim Benennen.
Denn was du nicht benennen kannst, kannst du nicht teilen – weder mit dir selbst noch mit anderen.
Daniel Goleman, Psychologe und Autor des Buches Emotionale Intelligenz, sagt:
„Die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu erkennen und zu benennen, ist die Grundlage aller emotionalen Kompetenz.“
Das klingt einfach. Ist es aber nicht – zumindest nicht für Menschen, die gewohnt sind, Dinge logisch zu analysieren statt sie zu fühlen. Doch du kannst es lernen.
Warum ist das Benennen so wichtig?
Das Gehirn verarbeitet Gefühle anders als Gedanken. Ohne klare Begriffe bleiben Emotionen diffus – sie äußern sich dann als innere Unruhe, Rückzug oder körperliche Symptome. Durch das Benennen holst du sie ins Bewusstsein. Das aktiviert den präfrontalen Cortex – dein Zentrum für Selbststeuerung und Empathie.
🧠 Das bedeutet konkret:
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Du reduzierst Stress,
-
gewinnst Kontrolle und
-
schaffst Verbindung – zu dir und anderen.
Übung: Das Gefühls-Inventar
Diese einfache Coaching-Übung hilft dir, deine emotionale Selbstwahrnehmung zu trainieren:
Schritt 1: Täglich 3–5 Minuten Pause
Halte kurz inne. Atme. Und frage dich:
-
„Was fühle ich gerade?“
-
„Wo in meinem Körper spüre ich das?“
-
„Wie intensiv ist das Gefühl – auf einer Skala von 1 bis 10?“
Schritt 2: Nutze eine Gefühlsliste (s. unten)
Statt allgemeiner Begriffe wie „schlecht“ oder „komisch“, suche nach präzisen Wörtern:
Grundgefühl | Differenzierte Ausdrücke |
---|---|
Wut | genervt, frustriert, empört, verletzt |
Traurigkeit | enttäuscht, einsam, resigniert, erschöpft |
Freude | lebendig, berührt, erleichtert, hoffnungsvoll |
Angst | nervös, angespannt, unsicher, überfordert |
Je präziser dein Vokabular, desto differenzierter dein Erleben.
Mini-Selbsttest: Wie gut erkennst du deine Gefühle?
Kreuze an, was auf dich zutrifft:
Aussage | Ja | Nein |
---|---|---|
Ich spüre oft eine diffuse Anspannung, weiß aber nicht, warum. | ☐ | ☐ |
Für meine Gefühle verwende ich meist nur 2–3 Begriffe (z. B. müde, okay, gestresst). | ☐ | ☐ |
Ich kann anderen schwer erklären, wie ich mich gerade wirklich fühle. | ☐ | ☐ |
Wenn es in Gesprächen emotional wird, wechsle ich oft das Thema. | ☐ | ☐ |
Ich halte Gefühle eher für privat und rede ungern darüber – auch mit engen Bezugspersonen. | ☐ | ☐ |
Auswertung:
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0–1 × Ja: Du hast bereits einen guten Zugang zu deinen Gefühlen – vertiefe ihn weiter.
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2–3 × Ja: Deine emotionale Selbstwahrnehmung kann gestärkt werden – Coaching oder Journaling könnten dich gezielt unterstützen.
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4–5 × Ja: Es lohnt sich, deinen Gefühlszugang behutsam neu zu entwickeln. Du bist damit nicht allein – viele kognitiv starke Menschen empfinden ähnlich.
Im nächsten Abschnitt schauen wir uns an, wie du Gefühle auch nonverbal zeigen kannst – mit deinem Gesicht, deiner Stimme, deinem Körper.
Strategie 2: Körpersprache & Mimik – Gefühle sichtbar machen
Nicht nur Worte zeigen, wie es dir geht. Dein Körper spricht – auch dann, wenn du es nicht bemerkst.
Die Art, wie du dich bewegst, wie du atmest, wie du sitzt, wie du schaust – all das sendet Signale. An andere, aber auch an dich selbst. Die gute Nachricht: Du kannst lernen, diese Signale bewusster zu nutzen. Und dadurch emotional präsenter zu wirken – ohne dich zu verbiegen.
Warum Körpersprache wirkt – auch auf dich selbst
Forschungen zur sogenannten Facial Feedback Hypothese (Strack et al., 1988) haben untersucht, ob Gesichtsausdrücke unser Gefühlsleben beeinflussen.
Die erste Studienlage war positiv – später zeigte sich jedoch: Der Effekt ist kleiner als gedacht und nicht immer eindeutig nachweisbar.
Dennoch spricht einiges dafür, dass bewusste Mimik, Körperhaltung und Atmung unsere innere Verfassung beeinflussen können – vor allem, wenn wir das bewusst einsetzen und wir offen dafür sind.
Kurz gesagt:
Körpersprache kann ein Türöffner für mehr emotionale Klarheit sein.
Selbstwahrnehmung stärken: Körpersprache reflektieren
Beobachte dich selbst in einem typischen Arbeitskontext – z. B. beim Zoom-Call, im Meeting oder bei einem Gespräch mit Kolleg:innen.
Frage dich:
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Wie sitze ich? Offen oder verschlossen?
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Wie klingt meine Stimme, wenn ich aufgeregt oder gestresst bin?
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Was macht mein Blick? Suche ich Kontakt – oder vermeide ich ihn?
Nutze dafür gern dein Smartphone (Selfie-Video) oder bitte eine Vertrauensperson um Feedback.
Übung: Mikrobewegung bewusst steuern
Probiere folgende Impulse:
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Atmung verlangsamen: Bewusst tief in den Bauch atmen – das senkt Stress und erhöht emotionale Präsenz.
-
Mini-Gesten zulassen: Ein Nicken, ein zartes Stirnrunzeln, ein leises „Mhm“ – sie zeigen, dass du emotional mitgehst.
-
Augenkontakt halten: Gerade im Gespräch über Gefühle wichtig – ohne zu starren, aber präsent.
Körpersprache ist keine Technik zum Beeindrucken – sondern eine Einladung zur Echtheit. Wenn du lernst, dich auch nonverbal zu zeigen, wirkst du nahbarer, klarer und oft auch glaubwürdiger.
Strategie 3: Worte finden – sprich, was du fühlst
Viele Menschen glauben, Gefühle seien irrational. Doch in Wahrheit fehlt oft nur die Sprache dafür. Denn Gefühle brauchen Worte, um verstanden zu werden – von dir selbst und von anderen.
Im Coaching erleben wir immer wieder: Wenn Menschen beginnen, ihre Gefühle konkret auszusprechen, verändert sich die Dynamik. Im Inneren – und im Miteinander.
„Ich habe mich nicht gesehen gefühlt“ ist viel kraftvoller als „Das Gespräch war blöd.“
Warum Sprache Gefühle stärkt
Sprache macht Gefühle greifbar. Sie ordnet das innere Erleben und schafft Verbindung.
In der Kommunikationspsychologie spricht man hier vom Modell der Selbstoffenbarung (Schulz von Thun, 1981):
Jede Aussage enthält – bewusst oder unbewusst – eine Botschaft über den inneren Zustand des Sprechenden. Wer diese Ebene klar und achtsam nutzt, gewinnt Einfluss auf sein Gegenüber – ohne zu manipulieren.
Beispiel:
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„Ich bin gerade überfordert, weil mir das Thema wichtig ist“
wirkt verbindender als
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„Das ist alles zu viel, ihr hört mir eh nie zu.“
Übung: Fühl-Wort-Vokabular erweitern
Viele Menschen nutzen nur 3–5 Gefühlsworte regelmäßig („gut“, „schlecht“, „nervig“, „okay“ …). Das macht Kommunikation stumpf und unklar.
Tipp: Führe ein kleines „Wort-Tagebuch“:
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Notiere täglich 1–2 konkrete Gefühle, die du erlebt hast – und was sie ausgelöst hat.
-
Verwende dazu eine Gefühlswort-Liste (z. B. „berührt“, „enttäuscht“, „verlegen“, „hoffnungsvoll“).
🎯 Ziel: Du entwickelst ein differenziertes Gefühlsvokabular. Und stärkst so deine Fähigkeit, über das zu sprechen, was dich bewegt.
Mini-Übung: Ich-Botschaften formulieren
Nimm eine aktuelle Situation, in der du dich geärgert oder zurückgezogen hast.
Formuliere zwei Sätze:
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Was hast du gefühlt?
-
Was hat das in dir ausgelöst?
Beispiel:
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„Ich habe mich verunsichert gefühlt, weil ich keine Rückmeldung bekommen habe.“
-
„Ich war wütend, weil mein Beitrag übergangen wurde.“
💡 Wichtig: Es geht nicht darum, Recht zu haben – sondern dich selbst klarer zu zeigen. Nur dann kann dein Gegenüber verstehen, was bei dir ankommt.
Fazit dieser Strategie:
Sprache ist Macht – besonders, wenn sie emotional präzise ist. Nicht um zu kontrollieren, sondern um dich zu zeigen. Du bist nicht zu sensibel – du bist wahrnehmungsfähig. Und das ist eine Stärke.
Im nächsten Abschnitt lernst du eine Methode kennen, mit der du deine Gefühle vertiefen kannst – ganz ohne Gesprächspartner: emotionales Schreiben
Strategie 4: Emotionales Schreiben – Gefühle auf dem Papier verstehen
Nicht jeder Mensch spricht gern über seine Gefühle. Manche denken lieber in Ruhe nach – andere brauchen Zeit, bevor sie sich öffnen können. Für viele ist Schreiben daher der beste Einstieg in die emotionale Selbstklärung.
„Beim Schreiben finde ich Wörter, die ich im Gespräch nie nutzen würde.“
Diese Erfahrung machen viele. Denn Schreiben schafft Abstand und gleichzeitig Nähe: Du trittst in einen inneren Dialog mit dir selbst – ehrlich, unzensiert, verbindlich.
Warum Schreiben wirkt – wissenschaftlich betrachtet
Die Psychologin Pennebaker (1997) zeigte in zahlreichen Studien:
Emotionales Schreiben reduziert Stress, verbessert das Immunsystem und fördert Klarheit über das eigene Erleben. Bereits 15 Minuten pro Tag an 3 Tagen in Folge zeigen messbare Effekte.
Das gilt besonders dann, wenn du:
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über emotional bedeutsame Erfahrungen schreibst
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Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen miteinander verbindest
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dir nicht zu viele Gedanken über Stil oder Grammatik machst
Übung: Der 3×3-Schreibprozess
📝 Dauer: 9 Minuten – jederzeit möglich
🔁 Wirkung: Selbstklärung, emotionale Entlastung, Vorbereitung auf Gespräche
1. Schritt: 3 Minuten Rohtext
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Was bewegt dich gerade?
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Welche Emotion dominiert – und woran merkst du das?
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Welche Gedanken kreisen dazu in deinem Kopf?
2. Schritt: 3 Minuten Körperbezug
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Wo im Körper spürst du dein Gefühl?
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Wie verändert sich dein Atem?
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Gibt es Spannung, Wärme, Kälte, Druck?
3. Schritt: 3 Minuten Integration
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Was nimmst du aus dem Schreiben mit?
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Was willst du mit dir selbst oder anderen teilen?
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Welche Handlung wäre ein erster Schritt?
Du kannst diesen Prozess auch mit einem Timer durchführen – oder als Teil deiner Abendroutine etablieren.
Extra-Tipp: Emotions-Tagebuch
Lege dir ein kleines Notizbuch oder digitales Journal an, in dem du folgende Fragen regelmäßig beantwortest:
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Was habe ich heute gefühlt?
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Was hat dieses Gefühl ausgelöst?
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Wie habe ich darauf reagiert?
-
Was hätte ich gebraucht?
Schon nach wenigen Wochen erkennst du Muster. Und gewinnst emotionale Klarheit, die im Gespräch oft noch fehlt.
Fazit dieser Strategie:
Schreiben ist ein stiller, aber kraftvoller Weg, sich selbst zu begegnen. Ohne Publikum, ohne Performance. Nur du und dein inneres Erleben – ehrlich, nah, klärend.
Strategie 5: Integration in den Alltag und Beruf – emotional präsent leben
Viele Menschen glauben, Gefühle zeigen passe nicht in den Berufsalltag. Zu viel Risiko, zu wenig Kontrolle, zu emotional.
Doch das Gegenteil ist wahr: Wer mit sich selbst im Kontakt ist, wirkt authentischer, klarer und oft sogar souveräner.
Emotional präsent zu sein bedeutet nicht, alles zu zeigen – sondern zu spüren, was da ist, und es bewusst zu dosieren.
Gerade im Jobumfeld ist das eine echte Kompetenz – und in vielen modernen Berufen längst erwünscht.
Warum Gefühle am Arbeitsplatz wichtig sind
Eine Umfrage von McKinsey (2023) zeigt: Viele Menschen wünschen sich am Arbeitsplatz mehr echte Kommunikation – auch über persönliche Gefühle.
Das bestätigt auch die psychologische Forschung zur sogenannten „psychologischen Sicherheit“ (z. B. Amy Edmondson, 1999): Teams arbeiten besser, wenn sich alle sicher fühlen, ehrlich zu sprechen – auch über Unsicherheiten oder Stress.
Das bedeutet konkret:
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Menschen fühlen sich verbundener, wenn auch „Unangenehmes“ angesprochen wird.
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Teams arbeiten besser, wenn Gefühle nicht unterdrückt, sondern reflektiert werden.
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Menschen in Führungsrollen mit emotionaler Intelligenz gelten als vertrauenswürdiger.
Gefühle im Job zu zeigen, kann also nicht nur verbindend sein, sondern die Zusammenarbeit fördern.
Gerade in Feldern wie Bildung, Gesundheit, Sozialwesen, Beratung, Coaching oder Nachhaltigkeit sind emotionale Ausdruckskraft und Selbstkenntnis zentrale Fähigkeiten – keine Schwäche.
Berufsliste: Wo emotionale Intelligenz gefragt ist
Berufsfeld | Typische Rollen |
---|---|
Coaching & Beratung | Karrierecoach, systemischer Coach, Resilienztrainer:in |
Bildung & Entwicklung | Dozent:in, Personalentwickler:in, Trainer:in |
Soziale Arbeit | Sozialpädagog:in, Psycholog:in, Mediator:in |
Gesundheit & Prävention | Therapeut:in, Gesundheitscoach, Achtsamkeitstrainer:in |
Nachhaltigkeit & Wandel | Projektmanager:in für soziale Innovation, CSR-Verantwortliche:r |
Hinweis: In vielen dieser Berufe werden emotionale Kompetenzen inzwischen explizit gesucht – etwa als „Soft Skills“, „People Skills“ oder „Selbstführung“. Darüber hinaus ist emotionale Intelligenz in jeder Zusammenarbeit mit anderen Menschen von Vorteil.
Alltagstaugliche Tools für mehr emotionale Präsenz
Emotionale Morgenfrage: „Wie bin ich heute da?“ Schreibe dir morgens 2–3 Sätze als Start in den Tag.
Meeting-Check-in: Ein Satz zum emotionalen Status (z. B. „Ich bin heute müde, aber motiviert“).
Mini-Retrospektive: Abends 3 Fragen beantworten:
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Was habe ich heute gefühlt?
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Wann war ich ganz bei mir?
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Was möchte ich morgen anders machen?
Diese kleinen Routinen wirken leise, aber stark – und verankern emotionale Kompetenz im Alltag.
„Gefühle sind kein Störfaktor. Sie sind ein inneres Navigationssystem – wenn wir lernen, es zu lesen, finden wir unseren Weg.“
– Jannike Stöhr, systemische Business-Coach
Damit hast du nun alle 6 Strategien kennengelernt – praxisnah, wissenschaftlich fundiert und direkt anwendbar.
Wenn du deine emotionale Intelligenz gezielt im beruflichen Kontext entwickeln möchtest – etwa für mehr Klarheit, Verbindung oder für deine Entwicklung zur Führungskraft – dann schau dir gern unser Coaching-Angebot an. Wir begleiten dich individuell, fundiert und mit viel Feingefühl.
FAQ: Häufige Fragen zum Thema Gefühle zeigen
Wie kann ich lernen, Gefühle zu zeigen, wenn ich das nie gelernt habe?
Viele Menschen haben in ihrer Kindheit oder im Berufsleben nie erfahren, dass Gefühle willkommen sind. Die gute Nachricht: Emotionaler Ausdruck ist trainierbar – wie ein Muskel. Beginne mit kleinen Schritten:
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Gefühle schriftlich festhalten (Journaling)
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In sicheren Gesprächen Ich-Botschaften üben
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Mit einem Coach oder in Peergruppen reflektieren
Der Schlüssel ist: Druck rausnehmen. Gefühle zeigen ist ein Prozess – kein Wettbewerb.
Ist es im Berufsleben überhaupt angebracht, Gefühle zu zeigen?
Ja – solange es authentisch und situativ angemessen geschieht. Emotional kompetente Menschen wirken oft:
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glaubwürdiger
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empathischer
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führungsstärker
Gerade in modernen Arbeitsumfeldern ist emotionale Intelligenz eine Schlüsselkompetenz – und kein Zeichen von Schwäche. Wichtig ist dabei: Gefühle ausdrücken, ohne andere zu überrollen.
Was, wenn andere meine Gefühle nicht ernst nehmen oder abwerten?
Das passiert leider – besonders in unempathischen Umfeldern.
Wichtig: Deine Gefühle sind nicht falsch, nur weil andere sie nicht einordnen können.
Was hilft:
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Deine Gefühle zuerst für dich selbst zu validieren
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In Gesprächen Grenzen zu setzen („Ich merke, das Thema ist mir wichtig – auch wenn es für dich ungewohnt ist.“)
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Emotionale Kompetenz als persönliche Stärke zu sehen, nicht als Makel
Manchmal zeigt dir genau diese Reaktion: Du bist in einem Umfeld, das nicht (mehr) zu dir passt.
Kann ich meine Gefühle zu stark zeigen?
Es gibt keinen objektiven Maßstab für „zu viel Gefühl“. Aber es gibt Situationen, in denen ein ungefilterter Ausdruck (z. B. Wut, Tränen) ungewollte Folgen haben kann.
Coaching hilft dir, zwischen unterdrücken und überschwemmen einen Mittelweg zu finden: emotional klar, selbstwirksam und dosiert.
Das nennt man emotionale Selbstführung – eine Fähigkeit, die dich innerlich und äußerlich stärkt.
Welche Bücher oder Ressourcen helfen mir, Gefühle zu zeigen und besser zu verstehen?
Hier ein paar Empfehlungen, die wissenschaftlich fundiert und zugleich alltagsnah sind:
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Daniel Goleman: Emotionale Intelligenz
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Brené Brown: Verletzlichkeit macht stark
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Marshall Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation
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Arlie Hochschild: Gefühlsarbeit – zur Kommerzialisierung des menschlichen Ausdrucks
- Lisa Feldman Barrett: Wie Gefühle entstehen – Eine neue Sicht auf unsere Emotionen
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Podcast-Tipp: Hotel Matze – oft mit emotional reflektierten Gästen und tiefen Gesprächen